Nicht so laut vor Jericho by Ephraim Kishon

Nicht so laut vor Jericho by Ephraim Kishon

Author:Ephraim Kishon [Kishon, Ephraim]
Language: deu
Format: epub
Tags: Satire
ISBN: 3784416640
Publisher: Dtv
Published: 2013-01-17T23:00:00+00:00


Podmanitzki hat endlich Erfolg

Auch das israelische Theater steht im Zeichen der Avantgarde und erntet damit den Beifall vor allem jener Zuschauer, die kein Wort von dem verstehen, was auf der Bühne vorgeht. Sie haben auch schon vor fünf Jahren kein Wort verstanden. Aber damals haben sie wenigstens noch geschimpft. Heute applaudieren sie. Man nennt das »Fortschritt«.

Gestern habe ich meinen alten Freund, den Schauspieler Jarden Podmanitzki, wiedergesehen. Er saß im Kaffeehaus, an einem Tisch ganz für sich allein, und forderte mich nicht auf, bei ihm Platz zu nehmen. Der Grund seiner ungewöhnlichen Zurückhaltung war mir natürlich bekannt: vorige Woche, nach der Premiere von ›Wolkenbruch aus blauem Himmel‹, war ihm in der Presse endlich jenes enthusiastische Lob zuteil geworden, auf das er jahrzehntelang vergebens gewartet hatte.

Podmanitzki gab in diesem außerordentlich modernen Drama einen alternden Bordellbesitzer und Inhaber eines Call-Girl-Rings für männliche Prostituierte. Seine hemmungslos natürliche Darstellungskunst begeisterte in gleicher Weise Publikum und Kritik. Kein Geringerer als I. L. Kunstetter, der Doyen unserer Rezensenten, stellte fest: »Die Überraschung dieses bemerkenswerten Abends war zweifellos Jarden Podmanitzki, von dem eine geradezu diabolische Überzeugungskraft ausging. Sein Alfonso war ein Meisterstück theatralischer Animalität. Jedes Schnaufen, jedes Keuchen, jede seiner bedeutungsschweren, unnachahmlichen Pausen ließ den großen Charakterdarsteller erkennen…«

»Kunstetter hat eher zuwenig als zuviel gesagt, Maestro«, äußerte ich, während ich mich neben ihn setzte. »Ihr Schweigen,

als Sie sich im dritten Akt unter dem schweren Barocktisch verbargen, machte mich erschauern.«

»Das bekomme ich immer wieder zu hören«, stimmte Podmanitzki bereitwillig zu. »Grünstein zum Beispiel hat in seiner Premierenkritik geschrieben, daß die Art, wie ich da unter dem Tisch lag, in ihm spiralenförmige Assoziationen eines verschwörerischen Nihilismus erweckt hat, oder so ähnlich.«

»Ja. Allerdings. Hat das auch der Regisseur zum Ausdruck bringen wollen, wenn ich fragen darf?«

»Natürlich dürfen Sie fragen. Ich habe ihn ja auch gefragt.«

»Und was war seine Antwort?«

»Daß alles schon in der Rolle steht. Also habe ich ihn durch eines von den Mädeln, die Französisch können, noch weiter fragen lassen: Entschuldigen Sie, Boulanger, in der Regiebemerkung heißt es, daß ich unter den Tisch kriechen soll, aber es ist keine Rede davon, daß ich bis zum Ende des Stücks dort bleiben muß. Daraufhin hat er auf Französisch zu toben angefangen, daß mich das angeblich nichts angeht, und wenn er verlangt, daß ich zwei Monate unter dem Tisch liegen bleibe, dann habe ich zwei Monate lang unter dem Tisch liegen zu bleiben, Punkt. Daraufhin bin ich sofort zur Direktion gegangen und habe mit aller Schärfe festgestellt, daß man mich mit meinen achtunddreißig Jahren Bühnenerfahrung nicht so behandeln darf, und daß ich mir so etwas nicht gefallen lasse, das kann er vielleicht in einem Flohzirkus machen, aber nicht mit mir, Jarden Podmanitzki, ich denke gar nicht daran, stundenlang auf den bekannt dreckigen Brettern unserer Notbehelfsbühne liegen zu bleiben und mir womöglich einen Span einzuziehen. Die Direktion war außer sich und hat mich kniefällig gebeten, diesem französischen Kretin ausnahmsweise den Gefallen zu tun, er wird sowieso nie wieder engagiert. Damals wußten sie allerdings noch nicht, was für gute Kritiken er haben wird.«

»Richtig, richtig. Die haben sich ja geradezu überschlagen vor Begeisterung.



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